Eine kleine "Zeitreise" durch Schwangau

Die Geschichte Schwangaus als Landschaft ist seit über 250 Millionen Jahren im Gestein innerhalb der Gemeinde dokumentiert. Das heutige Landschaftsbild Schwangaus, welches von Einheimischen und Gästen gleichermaßen geliebt wird, ist geprägt vom massiven Hochgebirge und vom sanften Alpenvorland. Jedoch erzählt nicht nur das Landschaftsbild besondere Geschichten sondern auch historische Ereignisse prägen die beeindruckende Vergangenheit Schwangaus.

Die geschichtliche Vergangenheit Schwangaus

Am Rande des Schwanseeparks wurden über viele Jahre wichtige Bodenschätze abgetragen und weiterverarbeitet. Am Schwangauer Kalkofen, brannten Bürger das Kalkgestein und betrieben mehrere Steinbrüche. Der seit Millionen Jahren dort abgelagerte Kalkschlamm, entwickelte sich zu einem wertvollen Naturstein. Die hell leuchtende Außenfassade von Schloss Neuschwanstein besteht aus dem sog. Alterschrofener Marmor, einem kostbaren Naturstein, der aus den Steinbrüchen am Schwanseepark abgebaut wurde. Neben den verschiedenen Kalkarten, ist die Region auch mit Erzvorkommen reich bestückt. Der Abbau des Erzes diente zur Gewinnung von Eisen, Blei und Zink und wurde im Raum Unterpinswang in den Pinswanger Erzgruben und am Kalvarienberg abgebaut. Die gesamten Gesteinsabtragungen hatten in der Vergangenheit eine hohe wirtschaftliche Bedeutung. 

Die Gemeinde Schwangau weist eine reichhaltige aber auch spannende geschichtliche Vergangenheit auf. Viele, viele Jahre v.Chr. siedelten sich schon Menschen hier in Schwangau an. Funde auf dem Frauenberg bei Horn lassen darauf schließen, dass die Besiedlung bis in die Mittelsteinzeit zurückgeht. Seit dem Jahre 15. v.Chr. wurde Schwangau von den Römern besetzt. Ausgrabungen von Siedlungsresten an der Tegelberg-Talstation, sowie im Forggensee belegen diese geschichtliche Aussage. Alemannische Grabstätten im Nordosten von Schwangau weisen darauf hin, dass bereits die erste geschlossene Dorfsiedlung im 6. Jhd. n.Chr. hier existiert haben muss. 

In den Jahren 1634/35 viel ein Großteil der Bevölkerung der Pest zum Opfer. An die schreckliche Zeit erinnert der Pestfriedhof an der Wallfahrtskirche St. Coloman. Einwanderer aus Tirol und der Schweiz brachten einen neuen Bevölkerungsaufschwung.

1832-36 erbaute Kronprinz Maximilian von Bayern die Burg Schwanstein als Schloss Hohenschwangau wieder auf. Sein Sohn, König Ludwig II. von Bayern, errichtete in den Jahren 1869-1886 anstelle der Ruinen Vorder- und Hinterschwangau, das weltberühmte Schloss Neuschwanstein.

Der Tourismus in Schwangau im Laufe der Jahrzehnte

Um 1900 entstanden die ersten Hotels und Pensionen und entsprechend der königlichen Hofhaltung, bestimmte die vornehme Welt bereits damals das Bild des schon aufstrebenden Fremdenverkehrs. In den Vorkriegsjahren zählte Schwangau bereits 30.000-40.000 Übernachtungen pro Jahr und gehörte 1953 zu den 30 bedeutendsten Fremdenverkehrsgemeinden Bayerns. 1961 wurden in Schwangau 15.050 Gästebetten und 200.000 Übernachtungen gezählt.

Viele Prominente und Staatsoberhäupter kamen und kommen noch immer nach Schwangau, um sich vom königlichen Charme verzaubern zu lassen (u.a. Michail Gorbatschow im Jahre 1992). Schloss Neuschwanstein hat sich über die Jahre als Sinnbild und Symbol für Deutschland entwickelt und wurde im Jahre 2012 auf der 2 Euro Münze verewigt. Der Schlössertourismus verschafft in der örtlichen Hotellerie und Gastronomie viele Arbeitsplätze. Existenzsicherung und Lebensqualität sind weitere Errungenschaften des hiesigen Tourismus. Von den Umsätzen und den daraus abgeleiteten lokalen Einkommen, profitiert eine Reihe von Wirtschaftszweigen (Groß- Einzelhandel, Bau, etc.). Schwangau hebt sich von anderen Tourismusorten ab, die Gemeinde befindet sich in einer Sonderstellung. König Ludwig II. selbst, hat sich als eine internationale Marke verewigt.

Schwangau hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen im Bereich der gesundheitstouristischen Kompetenz aufgebaut. Das Angebot in den Bereichen Gesundheit, Kur und Wellness wird stetig weiter ausgebaut. Im Jahr 1985 wurde Schwangau als erste Gemeinde im Ostallgäu, das Prädikat „Heilklimatischer Kurort“ verliehen.

Im Jahre 2016 wurde Schwangau als „Allergikerfreundliche Kommune“ durch die European Centre for Allergy Research Foundation (kurz: ECARF) zertifiziert. Nachweislich herrscht bei den besonderen klimatischen Bedingungen eines Heilklimatischen Kurortes, eine weitgehende Luftreinheit und Allergenarmut, wovon gerade Menschen mit Allergien einen hohen Nutzen haben. ECARF hat sich dem Motto "Lebensqualität trotz Allergie" verschrieben. Ziele sind die Verbesserung der Forschung, Verringerung der Belastung durch Krankheitsfolgen bei Betroffenen und in der Gesellschaft und die Bewusstseinsbildung über Risiken von Allergien. Geprüfte Allergikerfreundlichkeit und Heilklima passen daher hervorragend zusammen und somit wird die gesundheitstouristische Kompetenz Schwangaus als geprüft allergikerfreundliche Kommune weiter gestärkt.  

Der Forggensee verändert Schwangau

Das Landschaftsbild der Gemeinde Schwangau wurde im letzten Jahrhundert durch den Bau des Forggensees, Deutschlands größtem Stausee, stark verändert. Um die Stromversorgung im ländlichen Raum zu sichern, wurden 1936/37 Untersuchungen eingeleitet, um ein Stauprojekt am Lech zu realisieren. Am 02.11.1950 wurde mit dem Bau des Staussees begonnen. Damit der See damals aber überhaupt aufgestaut werden konnte, mussten auch einige Ortsteile von Schwangau geflutet werden. Es versanken Teile von Brunnen, sowie die Orte Forggen und Deutenhausen in den Fluten des Lechs. 

Mit dem Schwangauer Vertrag wurde 1952 vertraglich festgelegt, dass die betroffenen Bürger mit Ausgleichszahlungen, Ersatzhöfen und Ersatzgrundstücke bedacht wurden. Im Jahre 1954 wurde der Forggensee fertiggestellt. Seine Aufgabe besteht darin, die stark schwankende Wasserführung des Lechs auszugleichen, anfallende Hochwasser aufzufangen, zu speichern und bei niedriger Wasserführung an die Kraftwerkstreppe abzugeben. Faszinierend ist die beeindruckende Verwandlung des Sees im Jahresverlauf. In den Monaten Juni bis Mitte Oktober, hat der See seine volle Stauhöhe von maximal 150 Millionen cbm erreicht. So bietet er im Sommer ein abwechslungsreiches Freizeitangebot für Segler, Schwimmer und Entspannungssuchende. In dieser Zeit nimmt auch die Forggenseeschifffahrt ihren Betrieb auf und fährt während einer kleinen oder großen Rundfahrt, die schönsten Winkel des Sees an. Wenn der See von Mitte Oktober bis Ende Mai abgelassen ist, verwandelt er sich in ein besonderes Geschichtsbuch. Im trockenen See lassen sich während eines Spaziergangs, Überreste von alten römischen Siedlungen sowie von ehemaligen Gutshöfen auffinden. Mit bis zu 12 km Länge, 3 km Breite und fast 17 qkm Wasserfläche, zählt der Forggensee zu den größten Seen im Freistaat Bayern. 

Landwirtschaft und Leben in Schwangau

Dass schon vor vielen Jahrhunderten hier in Schwangau die Landwirtschaft von Bedeutung war, zeigen die Überreste einer alten römischen Siedlung am Fuße des Tegelbergs sowie in Brunnen. Dort hat man sich nicht nur wegen der Eisengewinnung angesiedelt, sondern auch aufgrund der Landwirtschaft. Als Beleg dafür fand man 1974 ein Gehöft, welches Merkmale von landwirtschaftlichen Betätigungen aufwies.

Der weitere Ausbau des Schwangauer Gebietes wurde nach der alemannischen Besiedlung weiter fortgeführt und ausgebaut. Heutzutage kann man die einheimische Landwirtschaft kaum hoch genug wertschätzen. Die Erholungslandschaft, so wie die Einheimischen und viele Gäste sie schätzen, wurde über viele Jahre von Land- und Forstwirten erschaffen und nach den Bedürfnissen der Menschen gestaltet. Die Pflege der Kulturlandschaft steht heute gleichwertig neben der Produktion von Nahrungsmitteln. Heutzutage ist eine Grünlandwirtschaft verbunden mit der Milchviehhaltung gegeben. 

Der stetige Wandel in der Landwirtschaft wird vermutlich nie aufhören, nutzte man doch bis 1930 noch Pferde und Ochsen als „Zugmaschinen“, so folgten schnell motorbetriebene Zugmaschinen, die diese Arbeit übernahmen. Seither werden die technischen Hilfsmittel in der Landwirtschaft größer und größer.

Historische Flurnamen in Schwangau

Flurnamen sind nicht nur die Namen von Äckern und Wiesen, sondern auch von Wäldern, Gewässern und Bergen. Ohne den Gebrauch von Namen wären Orientierung, Nutzung oder ein Besitzanspruch früher nur schwer möglich gewesen. Flurnamen entstehen durch den natürlichen Gebrauch, indem man Besonderheiten wie Lage, Bewuchs oder Besitzernamen zur Benennung herangezogen werden.

Ein Flurname ist die Bezeichnung eines kleinräumigen Landschaftsteils, dem sog. Flur, in dem sich keine oder nur alleinstehende Häuser befinden. Gekennzeichnet werden durch Flurnamen geografischen Einheiten, wie Berge und Gipfel, Täler, Wälder, Weiden, Wiesen, Äcker oder Wege. Flurnamen sind geografische Namen, die im örtlichen Sprachgebrauch überliefert worden sind.

In den Flurnamen spiegeln sich alle historischen und sprachlichen Entwicklungen wider. Viele kleinräumige Flurnamen entstanden erst nach der Aufhebung der Dreifelderwirtschaft und nach Aufgabe der Feld- und Weidewirtschaft, sowie nach Aufhebung der Allmende nach 1800. In den Regionen/Gemarkungen, wo die Realteilung des Grundbesitzes praktiziert wurde, entstanden dadurch viele neue und zusätzliche Flurnamen. Insbesondere die Attribute beim, auf, über, unter, vor und hinter deuten auf eine Besitzteilung hin. Wurde hingegen der Grundbesitz nur an einen Erben weitergegeben (Anerbenrecht), waren zusätzliche Namen nicht erforderlich. Daher gibt es in diesen Gemarkungen auch vergleichsweise weniger Flurnamen.

Jedem Flurnamen liegt ein Benennungsmotiv zugrunde, ein Merkmal, das diesem bestimmten Ort anhaftet. Zum Zeitpunkt der Entstehung wurde dieses Merkmal mit dem damals gängigen Vokabular beschrieben. Das heißt, der Name entstand aus der vor Ort gesprochenen Mundart und wurde so überliefert und weitergegeben. Die Bedeutung des Namens blieb dabei erhalten, der Wortschatz, die Aussprache und die Schreibweise haben sich jedoch verändert.

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150 Jahre Krankenunterstützungsverein Schwangau

Der Krankenunterstützungsverein Schwangau war ohne Zweifel einer der Grundsteine für die Krankenversicherung in Deutschland. Schon vor 150 Jahren war der soziale Grundgedanke des sogenannten „Krankengeldes“ in ein Konzept umgesetzt worden, das bis heute Bestand hat. Der Verein hatte bereits zu seiner Gründungszeit den Zweck, im Krankheitsfalle durch eine gegenseitige Unterstützung die finanzielle Lage der Betroffenen etwas aufzubessern. Denn eine gesetzliche Krankenkasse gab es damals schließlich noch nicht. „Ursprünglich hatte die Idee dazu ein Steinmetz, so wird es überliefert“, erzählt der ehemalige Vorsitzende Markus Fischer. „Es war eine Hand voll Arbeiter, die sich da im Jahr 1867 zusammengeschlossen haben“, ergänzt der amtierende Vorstand Thomas Gleich.
„Offiziell gegründet wurde der "Verein der Handwerker am königlichen Schlossbau zu Hohenschwangau" dann am 3. April 1870, so schreibt es die Chronik“. Auf der Vereinsfahne aus dem Jahr 1880 wurde das Königlich Bayerische Wappen abgebildet.

Täglich ein Gulden an Verunglückte

Die Einrichtung war revolutionär und modern zugleich. Die Arbeiter, die beim Schlossbau in irgendeiner Art beschäftigt waren, konnten nach Prüfung eines Aufnahmeantrages durch die Vorstandschaft beitreten, genauso aber auch abgelehnt werden. Bei einem Arbeitsunfall zahlte der Krankenunterstützungsverein Sozialleistungen, Namenslisten der Unterstützten wurden bereits ab dem Gründungsjahr geführt. Angeblich hat sogar König Ludwig II. den Verein persönlich mit jährlichen Beträgen zwischen 150 und 200 Gulden großzügig unterstützt. Schließlich stellte der Schlossbau auch die größte Baustelle des Landes dar. Maximal bis zu einhundert Tage lang zahlte der Verein täglich einen Gulden an Verunglückte oder an deren Familie, was laut den Unterlagen „ein Segen für die Betroffenen“ gewesen ist. Gerüchten nach soll der König seine Unterstützung auch in anderer Form gezeigt haben, so soll er unter anderem auch seinen Leibarzt zu verunglückten Arbeitern geschickt haben. 

Der Wandel des Krankenunterstützungsvereins

Nachdem der Schlossbau abgeschlossen war, nahm die Zahl der Mitglieder, unter denen immer nur Männer waren, immer mehr ab, bis der Verein sogar zeitweise kurz vor seiner Auflösung stand. Dennoch wurde die Einrichtung weiterhin erhalten. So hat der Verein im Laufe der vergangenen Jahrzehnte seit seines Bestehens insgesamt vier Währungen überlebt. Denn neben den aktuellen Abrechnungen in Euro belegt die vereinseigene Chronik auch Unterlagen für Umrechnungen von Talern, Gulden, Reichs- und Deutschen Mark. Allerdings entwickelte sich die soziale Einrichtung auch immer mehr zu einem Idealverein, bei dem die Pflege der Tradition und der Gemeinschaft durch Veranstaltungen und Ausflüge immer mehr im Vordergrund standen. Zudem verfolgt der Verein die Pflege der Schloss- und Dorfgeschichte. Auch kleinere Auszahlungen an krankheitsbedingt arbeitsunfähige Mitglieder werden heute auf Antrag noch verbucht.

Verein soll weiterhin erhalten bleiben

Zu seinem 150-jährigen Bestehen zählt der Verein nun rund einhundert Mitglieder, die, so schreibt es die Satzung seit jeher vor, alle aus dem Schwangauer Gemeindegebiet stammen oder die nicht weiter als sechs Kilometer vom Ort entfernt beheimatet sind. „Um den Verein weiterhin zu erhalten müssen wir die Satzung nun aber ändern“, erklärt Vorstand Thomas Gleich. Denn aus seiner historischen Tradition heraus unterliegt der Verein, weil er Gelder für die Unterstützung seiner Mitglieder im Krankenstand zahlt, den offiziellen Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes.

Im Zuge einer gesetzlichen und steuerlichen Neuregelung müsste sich der Krankenunterstützungsverein jetzt entweder als vollwertige Krankenkasse ausrichten oder seine Tradition ablegen und sich als tatsächlicher Verein erklären. „Genau das ist es, was wir jetzt auch machen, um den Verein am Leben zu erhalten. Wir sind zwar dann keine Krankenkasse mehr, sondern nur noch ein Verein.“